Thursday, September 03, 2020 · 973 words · 6655 characters

MeBeSafe - Konsortium präsentiert Ergebnisse zu Nudging- und Coaching-Maßnahmen im Straßenverkehr

Das von der EU finanzierte Horizon 2020-Projekt MeBeSafe (Measures for Behaving Safely in Traffic) hat seine finalen Ergebnisse in seinem Final Event digital präsentiert. Die Projektpartner stellten die von ihnen entwickelten Maßnahmen zur Verringerung der Anzahl und Schwere von Verkehrsunfällen durch Nudging und Coaching vor. Verschiedene Nudging- und Coaching-Maßnahmen leiten Autofahrer, LKW-Fahrer und Radfahrer über HMI- und Infrastrukturmaßnahmen zu sichererem Fahrverhalten.

Die Teilnahme am Verkehr kann als ein relativ gut trainierter Prozess definiert werden. Wenn wir Handlungen wiederholt im gleichen Kontext ausführen, läuft unser Verhalten immer automatischer ab. Aber Autofahrer können in eine riskante Situation geraten, ohne sich dessen bewusst zu sein. Das Fahren wird zu einer Gewohnheit, die sich an Umweltreizen orientiert. Dies geht dann mit einem verringerten Grad an Aufmerksamkeit einher, da z.B. diese Umweltreize durch wiederholte Wahrnehmung vertrauter werden.

MeBeSafe arbeitet direkt an der Veränderung des gewohnten Verkehrsverhaltens für eine Vielzahl von risikoanfälligen Verhaltensweisen im Verkehr. Viele bereits bestehende Interventionen verlangen eine bewusste Verhaltensänderung. Unbeabsichtigte Verstöße erfolgen aber auf einer unterbewussten Ebene. Daher benötigen wir ebenso Interventionen, die auf genau diese Ebene abzielen.

Eine Möglichkeit, dies zu erreichen besteht darin, die sicherste Wahl auch die einfachste Wahl zu machen und dabei die Handlungsfreiheit von Verkehrsteilnehmern zu bewahren. Dies wird "Nudging" genannt, ein Konzept aus der Verhaltensökonomie. In MeBeSafe wird das Konzept auf den Verkehrskontext übertragen. Dies geschieht sowohl im Fahrzeug als auch über die Infrastruktur. Eine weitere Möglichkeit, die in MeBeSafe angewandt wird um Menschen zu einem sichereren Verkehrsverhalten zu lenken, ist Coaching.

Im Straßenverkehr können Gefahren aus allen möglichen Richtungen entstehen. Als Verkehrsteilnehmer können wir diese häufig nicht alle wahrnehmen, einerseits aufgrund der reinen Menge an möglichen Interaktionen mit anderen Verkehrsteilnehmern, aber auch weil unsere Sicht versperrt sein könnte. MeBeSafe hat eine Möglichkeit gefunden, die Aufmerksamkeit des Fahrers auf diese potenzielle Gefahren zu lenken, indem eine grüne Linie auf die Windschutzscheibe projiziert wird, die der Straße zu folgen scheint. Darauf folgt eine Einkerbung, die die Richtung anzeigt, aus der sich ein Radfahrer möglicherweise nähert. Diese Einkerbung soll die Aufmerksamkeit des Fahrers auf die potenzielle Gefahrensituation lenken. Der Feldversuch hat genau das gezeigt: Fahrer die auf die Kreuzung zufuhren erhöhten ihre Aufmerksamkeit und reduzierten ihre Geschwindigkeit.

In bestimmten Situationen sind sich Fahrer möglicherweise nicht bewusst, dass sie eine für die Situation unangemessene Geschwindigkeit fahren oder dass sie mögliche Risiken ggf. noch nicht erkennen können. Dazu wurden Lichter auf Bodenhöhe zu beiden Seiten der Straße platziert, die entweder statisch aufleuchten oder sich auf den Fahrer zubewegen und damit für den Fahrer die Illusion erzeugen, dass sie schneller fahren als sie tatsächlich sind. Fahrer, die zu schnell fahren, werden erkannt und nur diese Fahrer werden „genudged“. Die Ergebnisse zeigten eine geringere Geschwindigkeit bei Aktivierung des Systems und eine hohe Akzeptanz bei den Nutzern.

Auch Radfahrer können an bestimmten Stellen zu schnell fahren. MeBeSafe hat herausgefunden, dass flache Streifen, die quer über die Straße verlaufen, dazu beitragen können, Radfahrer zu bremsen. Die Abstände zwischen diesen Streifen werden immer kleiner. Dadurch bekommt man das Gefühl, dass man immer schneller fährt, was dazu führt, dass Radfahrer ihre Geschwindigkeit selbstständig reduzieren.
Autos können zu dicht aufeinander auffahren. In diesen Fällen kann die Verwendung von Sicherheitssystemen wie Adaptive Cruise Control (ACC) zu geringe Abstände verhindern. MeBeSafe hat zwei Designs entwickelt, welche Fahrer dazu „nudged“, ACC zu verwenden. Tatsächlich erhöhten ein Ambient Display-Nudge und ein „Competitive Leaderboard Nudge“ über eine Rangliste die Nutzung von ACC.

Eine andere Möglichkeit, über Zeit Verhalten zu verändern, ist der Einsatz von Coaching. Partner in MeBeSafe haben die DriveMate-App entwickelt, die das Fahrverhalten von Lkw-Fahrern mit Hilfe von Sensoren im Handy misst und Feedback und Coachingmaterial liefert. Dabei schützt sie die Daten der Fahrer: Die einzigen mit Zugriff auf diese Daten sind die Lkw-Fahrer selbst. Nach der Analyse des Fahrverhaltens schlägt die App vor, sich mit einem anderen Lkw-Fahrer zu treffen und bestimmte Themen zu besprechen, denn Lkw-Fahrer sind die ultimativen Experten für ihren eigenen Job.

"Wir freuen uns, die Ergebnisse von 3,5 Jahren harter Arbeit präsentieren zu dürfen und zu zeigen, dass unsere ursprünglichen Ideen nicht nur in der Theorie entwickelt und im Labor getestet, sondern auch in den Feldversuchen europaweit umgesetzt wurden", betont Stefan Ladwig, Koordinator von MeBeSafe. "Es ist eine Ehre für das Koordinationsteam, zusammen mit dem Core Team – bestehend aus der Volvo Car Corporation, TNO, SAFER/Chalmers University, Shell und dem Institut für Kraftfahrzeuge (ika) der RWTH Aachen – bereits seit der frühen Aufbauphase an dieser großartigen Forschungs- und Innovationsmaßnahme beteiligt gewesen zu sein. Der Erfolg von MeBeSafe ist untrennbar mit dem professionellen Konsortium verbunden, das eine ideale Brücke zwischen Teamgeist und exzellenter Forschung schlägt".

Die Abschlussveranstaltung von MeBeSafe fand digital statt und wird in den kommenden Wochen fortgesetzt: Präsentationen und weitere Informationen zu den entwickelten Maßnahmen werden kontinuierlich auf der Projektwebsite zur Verfügung gestellt.

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This project has received funding from the European Union's Horizon 2020 research and innovation programme under grant agreement No 723430.

 


Über das Institut für Kraftfahrzeuge (ika) der RWTH Aachen University

Das Institut für Kraftfahrzeuge (ika) beforscht unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Lutz Eckstein das Gesamtfahrzeug einschließlich seiner Systeme und deren Wechselwirkungen. Von der Idee über innovative Komponenten- und Systemkonzepte bis hin zum Fahrzeugprototypen gestalten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Institutes das Fahrzeug der Zukunft. Das ika leistet sowohl in öffentlichen Projekten als auch in Kooperation mit Automobilherstellern und -zulieferern einen anerkannten Beitrag zur Lösung der aktuellen Herausforderungen.

Grundlage der intensiven Forschungsarbeiten für große Teile der Automobilindustrie sowie öffentliche Fördermittelgeber auf EU-, Bundes- und Landesebene stellt die umfangreiche Infrastruktur des ika dar, welche von Antriebs-, Batterie-, Fahrwerks- und Reifenprüfständen über akustische, thermodynamische und servo-hydraulische Prüfeinrichtungen bis hin zu einer Gesamtfahrzeug-Crashanlage sowie Teststrecken einschließlich modernster Messtechnik reicht. Hinzu kommt eine aktuelle Soft- und Hardwareausstattung für alle erforderlichen Simulationsdisziplinen. Das ika beschäftigt mehr als 135 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie rund 100 studentische Hilfskräfte. Zusätzlich entstehen jährlich ca. 200 studentische Arbeiten im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungsprojekten.


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